Veranstaltungsdokumentation

Fachtagung „Kinderrechte für Alle?! – Klassismuskritische Arbeit in Kita und Grundschule“

 

An dieser Stelle finden Sie die Dokumentation zur Online-Fachtagung des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. im Rahmen des Kompetenznetzwerkes Demokratiebildung im Kindesalter, die am 24. und 25. November 2022 live übertragen wurde. Wir stellen Ihnen direkt auf dieser Seite die Grußworte und fachlichen Inputs in Form von Videomitschnitten, Präsentationen oder kurzen Zusammenfassungen zur Verfügung. Begleitende Dokumente stehen Ihnen über den Button "Weiterlesen" in den gelben Infoboxen zum Download zur Verfügung. 

Hinweis: Die Untertitelung der Videos erfolgt automatisch durch eine Spracherkennungssoftware.

DONNERSTAG, 24. NOVEMBER 2022 - 13:00 bis 17:00 Uhr


Einführung in den Tag und Grußworte

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Kai Hanke, Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

Kinderarmut ist nach wie vor ein akutes Problem in Deutschland. So ist hierzulande jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Gesellschaftliche Krisen wie die Corona-Pandemie und die steigende Inflationsrate durch den Krieg in der Ukraine führten nicht nur zu einer Verschärfung dieser Lage, sondern verdeutlichten zusätzlich das Maß der bestehenden Ungleichheit sozioökonomischer Ausgangslagen. Aus einer demokratischen Perspektive wird damit gegen das Diskriminierungsverbot (Art. 2) und gegen das in der UN-Kinderrechtskonvention verankerte Recht auf Beteiligung (Art. 12) verstoßen. In diesem Rahmen wird von Klassismus betroffenen Kindern der Zugang zum kulturellen Leben und zu digitalen Teilhabemöglichkeiten erschwert, sie haben schlechtere Chancen auf Erfolg im Schulsystem und auf ihrem weiteren Bildungsweg. Ziel der Fachtagung war es, gemeinsam mit Expert*innen, Praktiker*innen, Verbands- und Elternvertreter*innen, die Ursachen der fest verankerten klassistischen Strukturen zu betrachten sowie die Auswirkungen auf Demokratiebildung und den pädagogischen Alltag in Kita, Hort und Ganztag zu diskutieren. 

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, betont zu Beginn, dass sich allein durch eine Kindergrundsicherung mit finanzieller Unterstützung Diskriminierung nicht vollständig beseitigen ließe. Demnach sei kulturelle Ausgrenzung ein ebenso wichtiger Faktor, der die soziokönonomische Ausgangslage der Familie und somit die Chancen eines sozialen Aufstieges der Kinder bedingt. Sie geht darauf ein, dass die Auseinandersetzung pädagogischer Fachkräfte mit klassistischen Ausschlussmechanismen in Kitas und (Grund-)Schulen umso notwendiger werde. Somit könne das übergeordnete Ziel, demokratische Teilhabeoptionen für alle Kinder zu ermöglichen, umgesetzt werden.


Kai Hanke, stellvertretender Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V., beschreibt, dass gesellschaftliche Entwicklungen wie zum Beispiel die Corona-Pandemie, die Engerie- bzw. Umweltkrise und der Zuwachs an Zustimmung rechter Parteien in Europa zum Bestehen weiterer Exklusionsmechanismen beitragen. Er betont, die Notwendigkeit politische Teilhabe und Mitbestimmung für Kinder und Jugendliche zugänglich zu machen, um das Leben in einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Demokratie aufrechtzuerhalten. Hierfür seien systemische Ansätze, wie die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz oder auch eine armutsfeste Kindergrundsicherung, ebenso wichtig wie die Selbstreflektion der pädagogischen Haltung und Praxis.

Fachvortrag: „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern.“ Klassismus als flexible Ressource von Ungleichbehandlung

Dr. Jan Niggemann, Uni Graz

In dem Auftakt Vortrag der Fachtagung diskutiert Dr. Jan Niggemann (Uni Graz) verschiedene Definitionen von Klassismus und zeigt soziale Erscheinungsformen auf, die diese Form der Diskriminierung kennzeichnen. Verstanden als flexible symbolische Ressource zeigt sich, dass Klassismus legitim zum einen soziale Nähe und zum anderen soziale Distanz herstellen und über Affekte regulieren kann. Vor diesem Hintergrund macht er deutlich, dass Bildungsinstitutionen sowohl Orte der Herausforderung als auch der Durchsetzung von Ungleichheit sind “Soziale Ungleichheiten werden in die Unterscheidung von guten und schlechten Schüler*innen umgedeutet und verschärfen sich gerade dort, wo es formale Gleichberechtigungen und objektivierte Leistungsmessungen gibt”, wie Dr. Jan Niggemann anhand von Studien belegt. Dabei plädiert er für ein intersektionales Verständnis von Ungleichheit und ruft Pädagog*innen zur kritischen Selbstreflektion auf. 

 

Weitere Informationen zum Fachvortrag finden Sie im PDF unten in der gelben Box.

Kurz-Input: Das ist Kinderarmut in Deutschland

Hannah Nicklas und Teresa Keil, Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

In diesem Kurzinput gehen Hannah Nicklas und Teresa Keil (beide Deutsches Kinderhilfswerk e.V.) der Frage nach, was Kinderarmut in Deutschland bedeutet, wer betroffen ist und was mögliche Ansätze sind, um Kinderarmut zu verhindern. In Armut aufzuwachsen, schließt Kinder von vielen Lebensbereichen aus und verwehrt ihnen wichtige Chancen. Somit fehlen ihnen insbesondere Zugänge zu Bildung, sozialer Teilhabe oder zu gesundheitsbezogenen Bereichen durch die sozioökonomischen Hintergründe ihrer Familie. 

Die Zahl der Kinder, die von Armut betroffen sind, steigt. So ist in Deutschland jedes Kind 5. Kind von Armut betroffen, während es bei 25–65-jährigen Erwachsenen jede 7. Person betrifft. Die Vortragenden gehen im Rahmen des Inputs genauer auf die Ursachen des erhöhten Armutsrisikos für Kinder und Jugendliche ein. Um diesen Vorgängen entgegenzuwirken, ist es demnach umso wichtiger, Kinder und Jugendliche mit einer Kindergrundsicherung finanziell besser abzusichern und gleichzeitig eine hochwertige Infrastruktur zur Armutsprävention aufzubauen. Das heißt: Ein Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungssystem vor Ort, das Kinder individuell und beteiligend fördert, sowie eine politische Strategie und ein Gesamtkonzept von der Kommune bis zum Bund.

Reflexionsraum zu Klassismus in der pädagogischen Praxis

Lisa Goldschmidt, Netzwerk für Demokratie und Courage

Lisa Goldschmidt (Netzwerk für Demokratie und Courage) bietet den Teilnehmenden eine Möglichkeit zur Reflexion über Klassismus im eigenen Arbeitsalltag und Alltagsleben. 

Ziel ist die Auseinandersetzung mit verschiedene  Bereichen des Lebens (unter anderem Wohnort und -situation, Gesundheit, oder Freizeitgestaltung), der eigenen Verortung darin und den eigenen Privilegien. Dabei wird die Methode Power Flower genutzt. Anschließend konnten die Teilnehmenden zwei Reflexionsfragen beantworten: 

  • Welche Auswirkungen kann ich in Bezug auf die Klassenherkunft in meinem beruflichen Alltag beobachten? 

  • Welche Maßnahmen kann ich treffen, um ungleiche Voraussetzungen innerhalb meiner Einrichtung auszugleichen?  

 

Weitere Informationen zum Reflexionsraum finden Sie im PDF unten in der gelben Box.

Fachforen zu Einblicken in klassismussensible Praxis

Hinweis: Zu den Fachforen stehen keine Videos zur Verfügung.

Am ersten Veranstaltungstag fanden zwei Fachforen statt, in denen Expert*innen den Teilnehmenden Einblicke in klassismussensible Praxis gaben. Die Beschreibung zu den Fachforen sowie weitere Informationen finden Sie über den "Weiterlesen"-Button in der gelben Infobox.

Forum 1 - Bildung im Primarbereich

Monika Dittmer, Schulleiterin i.R. Grundschule Fallersleben, Kinderrechteschule

Im Gespräch mit Monika Dittmer, die 20 Jahre Schulleiterin der Grundschule Fallersleben (beteiligt am Programm Kinderrechteschule des Deutschen Kinderhilfswerkes) war. Sie gibt Einblicke dazu wie u.a. die Umsetzung der Schwerpunkte Kinderrechte und Demokratiebildung sowie die Weiterentwicklung inklusiver Ganztagsgrundschulen zu einer klassismussensiblen Praxis im Primarbildungsbereich beitragen können. 

 

Forum 2 - Frühkindliche Bildung

Elmar Dransfeld, stellv. Jugendamtsleitung Arnsberg, Jugendhilfeplaner

Im Dialog mit Elmar Dransfeld, der seit 1984 in unterschiedlichen Funktionen im Jugendamt der Stadt Arnsberg tätig ist. Elmar Dransfeld gibt Einblicke in eine klassismussensible Praxis für den frühkindlichen Bildungsbereich. Im Zentrum steht dabei das Arnsberger Modell, ein Zusammenschluss von 16 verschiedenen Familienzentren, das er 2006 mitbegründet hat. 

Einblick in das Beteiligungstool am ersten Veranstaltungstag

FREITAG, 25. NOVEMBER 2022 - 09:00 bis 13:00 Uhr


Einführung in den Tag

Shelly Kupferberg, Tagesmoderation

Lesung "Zugang verwehrt" (Atrium, 2022)

Dr. Francis Seeck, Humboldt Universität Berlin

Klassismus wirkt bereits vor der Geburt und bis über den Tod hinaus. So ist etwa der Zugang zu Bildung oder auch unsere Gesundheitsversorgung davon geprägt. Die derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklungen zeigen, dass sich die sozialen Unterschiede verschärfen und die Schere zwischen Arm und Reich seit Jahren immer weiter auseinanderdriften. Aus einer eigenen Betroffenheitsperspektive geht Dr. Francis Seeck auch auf die Folgen von Klassismus für das Aufwachsen von Kindern ein. Klassismus ist demnach kein neues Thema, sondern wird lediglich außer Acht gelassen. Eine Auseinandersetzung mit diesem Diskriminierungsbereich ist jedoch für eine sozial gerechte Gesellschaft unabdingbar. 

Aus urheberrechtlichen Gründen können wir die Lesung nicht in Videoform mit in diese Dokumentation aufnehmen. Wir empfehlen Ihnen aber das Buch von Dr. Francis Seeck. 

Eine Leseprobe zu "Zugang verwehrt" finden Sie hier.

Workshops

Hinweis: Zu den Workshops stehen keine Videos zur Verfügung.

Am zweiten Tag der der Fachtagung hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit an sieben verschiedenen Workshops teilzunehmen und dort vertieft in einzelne Themen einzutauchen. Begleitmaterial zu den jeweiligen Workshops finden Sie über den "Weiterlesen"-Button in den gelben Infoboxen. 

Workshop 1: Klassismus in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen aus einer intersektionalen Perspektive

Maja Bogojević, Feministische Sozialwissenschaftlerin und Gründerin von "erklär mir mal..."

Der Workshop „Klassismus in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen aus einer intersektionalen Perspektive“ bot anfänglich eine theoretische Einordnung des Klassismusbegriffs und der sozialen und Bildungsungleichheit im deutschen Bildungssystem. Der Workshop zeigte die Barrieren der sozio-ökonomischen Benachteiligung auf, welche betroffene Kinder und ihre Familien im Bildungssystem erleben. Basierend auf den kinderrechtlichen Grundlagen für klassismussensibles Handeln lag der Fokus am Ende auf konkreten Handlungsmaßnahmen. Der Workshop betrachtete zudem, welche geeigneten und nachhaltigen Konzepte, Methoden und Materialien es für eine klassismuskritische Praxis gibt. 

Workshop 2: Armut und Klassismus – (k)ein Thema für den Hort?

Ellena Hüther, Pädagogin und Fortbildnerin in der Antidiskriminierungsarbeit

Sozioökonomische Unterschiede in der Gesellschaft werden zunehmend größer und machen auch vor dem gemeinsamen Lernen in Schule und Hort nicht halt. Kinder nehmen Unterschiede und gesellschaftliche Bewertungen bereits früh wahr und ziehen daraus Schlüsse über sich selbst und ihre Familien. Dies kann das Selbstwertgefühl beeinträchtigen und Bildungschancen verhindern. Kinderrechte auf Bildung, gesundheitliche Versorgung und Beteiligung müssen immer wieder neu überprüft und verwirklicht werden: Wenn soziale Ungleichheiten nicht reflektiert werden bzw. diesen aktiv entgegengewirkt wird, besteht auch im Hort das Risiko, diese zu verstärken. Dabei spielen sowohl eigene Vorurteile als auch strukturelle Barrieren eine Rolle. Das gemeinsame Lernen von Kindern in der Ganztagsbildung und -betreuung bietet gleichzeitig die Chance, gezielt Ungerechtigkeiten wahrzunehmen, auf diese aufmerksam zu machen und gemeinsam mit Kindern, Eltern/Familien und Fachkräften nach Lösungen zu suchen, wie Schule und Hort einen Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit leisten können. 

Workshop 3: Digital teilhaben mit Medien – Gerechtigkeitsversprechen oder Manifestation von Klassismus?

Cornelia Jonas und Sophie Pohle, Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

99 Prozent der Kinder zwischen 6 und 13 Jahren haben zu Hause Zugang zum Internet, zu einem Handy/Smartphone und zu einem Computer/Laptop, die Hälfte der Altersgruppe besitzt sogar schon ein eigenes Handy/Smartphone (KIM-Studie 2020). Beste Voraussetzungen also für die Altersgruppe, um ihre Rechte vielfältig wahrzunehmen? Um kompetent, kreativ und reflektiert mit digitalen Medien umzugehen? Um online Informationen zu suchen, sich auszutauschen, die eigene Meinung zu bilden und ausdrücken, zu gestalten, produzieren, lernen, Ideen einzubringen und somit (digital) teilzuhaben? Ganz so einfach ist es nicht, wie z. B. in der 25. Allgemeinen Bemerkung zu den Rechten von Kindern in der digitalen Welt deutlich wird. 

 

Workshop 4: Klassismus – ein Thema für Kindertageseinrichtungen?

Frauke Rohlfs, Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Nordrhein & Studienleiterin im eeb Nord

Mitarbeitende in Kitas haben nicht nur den Auftrag, sondern in aller Regel auch den Anspruch, allen Kindern wertschätzend zu begegnen und die gleichberechtigte Teilhabe zu fördern. Die Umsetzung ist durchaus anspruchsvoll, denn Kinder kommen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen in die Kita. Nicht selten begegnen wir Familien unterschiedlicher sozialer Herkunft mit (unbewussten) Vorannahmen. In diesem Workshop wurde daher gemeinsam beleuchtet, wie Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft oder des sozialen Status (Klassismus) erkannt und möglichst vermieden werden kann. Dabei sollten konkrete Handlungsmöglichkeiten auf drei Ebenen gefunden werden: 

  • Im Umgang mit den Kindern: Wie können wir Beschämung der Kinder vermeiden? Wie können wir professionell agieren, wenn Kinder untereinander klassistisch miteinander umgehen?
  • In der Begegnung mit den Eltern/Bezugspersonen: Wie können Eltern sensibel in ihrer Erziehungsarbeit gestärkt werden, ohne sie zu belehren oder gar abzuwerten?
  • In der Arbeit im Team: Wie können wir als Team in der Kita zum Beispiel Mahlzeiten, Rituale oder Feste gestalten, die nicht ausgrenzend sind?

Workshop 5: Staatliche Hilfen – was ist möglich, was ist gerecht?

Alexander Nöhring, Geschäftsführer bei Zukunftsforum Familie e.V.

In dem Workshop setzten sich Teilnehmende kritisch mit der finanziellen Unterstützung für Kinder, Jugendliche und Familien auseinander. Dazu gehören die Grundsicherung nach dem SGB II („Hartz IV“, bald „Bürger*innengeld“), Kindergeld, Kinderzuschlag, Wohngeld, Bildungs- und Teilhabepaket oder Unterhaltsvorschuss. Es wurde der Frage nachgegangen, ob und wenn ja, wie diese bei denjenigen ankommen, die die Unterstützung brauchen und ob diese Leistungen sozial gerecht ausgestaltet sind. Zudem wurde die derzeitige Planung auf der Bundesebene und Prüfung der Wirksamkeit der Armutsbekämpfung durch die Kindergrundsicherung beleuchtet. 

Workshop 6: Klassismus in der Kinder- und Jugendliteratur

Dr. Lucas Alt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Trier

Diskriminierung findet sich in literarischen Texten schon immer und in vielfältiger Weise. Oft sind Rassismus, Sexismus oder Klassismus (um nur drei mögliche Faktoren von Diskriminierung zu nennen) den Texten in subtiler Weise eingeschrieben – selbst den Schriftsteller*innen ist dies oft gar nicht bewusst. Häufig fallen auch Leser*innen Diskriminierungsstrategien eines Textes erst bei genauerem Hinsehen auf. Das mag daran liegen, dass Texte immer gesellschaftliche oder kulturelle Perspektiven transportieren, die selbst nie völlig reflektiert werden können und immer auch problematische Anteile enthalten. 

In der Kinder- und Jugendliteratur etablierte sich in den vergangenen Jahren allerdings eine erhöhte Sensibilität, insbesondere für rassistische und sexistische Darstellungsweisen, die nicht zuletzt auf teils hitzig geführte Debatten darüber, ob bestimmte Kinderbuchklassiker weiterhin mit Kindern gelesen werden sollten, zurückgeht. 

Klassismus als Diskriminierungskategorie, die auf ökonomischer Ungleichheit und sozialer Herkunft basiert, scheint bislang allerdings nur ansatzweise im Bewusstsein von Schreibenden und Lesenden verankert zu sein. Ziel dieses Workshops war es daher, prägnante kinderliterarische Beispiele gemeinsam in den Blick zu nehmen und auf klassistische Vorurteile zu überprüfen, diese einzuordnen und ihren pädagogischen Einsatz zu diskutieren. 

Workshop 7: Kinder stärken! Klassistische Diskriminierung erkennen und stoppen!

Nuran Ayten, ISTA/Fachstelle Kinderwelten & Co-Leitung im Kompetenznetzwerk Demokratiebildung im Kindesalter

Klassismus in der Kita äußert sich im pädagogischen Alltag auf unterschiedliche Art und Weise. So werden Familien, die von Klassismus betroffen sind, häufig in Schubladen gesteckt. Sehr oft werden dabei Erziehungskompetenzen in Frage gestellt, wenn z.B. die Gummistiefel nicht zum geforderten Termin mitgebracht werden. Auch das Abfragen von „Wo seid ihr im Urlaub gewesen?“ im Morgenkreis ist für manche Kinder ausgrenzend, da diese Frage schon gesellschaftliche Zustände verkennt. Für nicht wenige Familien ist der Urlaub längst keine Selbstverständlichkeit. 

  • Wie können pädagogische Fachkräfte Kinder stärken?
  • Welche Rolle spielt Intervention bei klassistischer Diskriminierung im Handeln der Institution und der pädagogischen Fachkräfte?

Podiumsdiskussion zum Thema „klassismuskritisch Handeln auf allen Ebenen“

Niels Espenhorst, Der Paritätische Gesamtverband
Dr. Ottilie Klein, Mitglied des Deutschen Bundestages/CDU
Maria Jäger, Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
Katharina Queisser, Bundeselternsprecherin bei BEVKi - Bundeselternvertretung für Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege.

In der Podiumsdiskussion mit dem Titel "klassismuskritisch Handeln auf allen Ebenen" beantworten die Expert*innen Niels Espenhorst (Der Paritätische Gesamtverband)“, Dr. Ottilie Klein (Mitglied des Deutschen Bundestages/CDU), Maria Jäger (Deutsches Kinderhilfswerk) und Katharina Queisser (Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe) Fragen, die von den Teilnehmenden über das Beteiligungstool Mentimeter gestellt werden. Ziel der Diskussion war es sowohl die strukturelle als auch die individuelle Ebene klassistischer Ausschlüsse zu beleuchten. Dabei wurden aktuelle Themen und gesellschaftliche Prozesse wie die Folgen der Corona-Pandemie und daran anschließender multipler Krisen beleuchtet. 

Ein Fokus des Podiums lag darauf, neue Phänomene und bestehende Kontinuitäten im Kontext pädagogischer Praxis zu diskutieren.  Die verschiedenen Perspektiven der Podiumsteilnehmenden sollten unterschiedliche Einblicke zur Frage liefern, was sich gesetzlich oder von der Seite staatlicher Unterstützung ändern müsste, um gerechte (Bildungs-)Teilhabe zu verwirklichen. Vor diesem Hintergrund wurde auch darüber diskutiert, was sich strukturell im Bildungssystem ändern müsste, um soziale Ungleichheit und (Kinder-)Armut nachhaltig zu bekämpfen. Weiterhin wurde der Frage nachgegangen, wie auf individueller pädagogischer Ebene klassismuskritisch gehandelt werden kann und welche Praxis hier wirksam und sinnvoll erscheint. 

Abschlussworte und Verabschiedung

Shelly Kupferberg, Tagesmoderation
Till Mischko, Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

Mit abschließenden Worten rundet Till Mischko (Deutsches Kinderhilfswerk e.V.) die Fachtagung „Kinderrechte für Alle?! - Klassismuskritische Arbeit in Kita und Grundschule“ der Fachstelle für Kinderrechtebildung des Deutschen Kinderhilfswerkes ab. 

Ziel der Fachtagung war es, die Perspektiven von Theorie und Praxis zum Thema Klassismus in Kita, Hort und Ganztag miteinander zu verbinden. Aus theoretischer Perspektive arbeitete Dr. Jan Niggemann hervor, dass Klassismus nicht nur als Diskriminierungskategorie zu betrachten sei, sondern vielmehr ein systematisches Problem beschreibt, dem ökonomische Ungleichheitsverhältnisse zugrunde liegen. Des Weiteren geht Till Mischko auf die Inhalte von Dr. Francis Seecks Buch "Zugang verwehrt" ein, in dem u.a. die Verankerung von klassistischer Sprache und der vermeintlichen Eigenverantwortung Betroffener für systemische Ungleichheit thematisiert werden. Die Fachtagung schlug von diesem theoretischen Einstieg, vor allem in den Workshopformaten am zweiten Tag, einen Bogen zur pädagogischen Praxis. Hierbei lag der Fokus oftmals auf der Notwendigkeit der ersten Thematisierung der Diskriminierungsform im pädagogischen Alltag und der Selbstreflektion pädagogischer Fachkräfte.

Die Fachstelle Kinderrechtebildung wird sich im Rahmen der Arbeit im Kompetenznetzwerk auch im kommenden Jahr weiter mit dem Themenkomplex Klassismus und Kinderrechte befassen und hier anknüpfende Veranstaltungen und Publikationen entwickeln.  

Einblick in das Beteiligungstool am zweiten Veranstaltungstag